Die Einbürgerungsrate der Schweiz von 1.7% pro 100 ausländischen Einwohner:innen ist im europäischen Vergleich tief, Länder wie Schweden und Ungarn liegen bei über 6%. Die Wohnsitzfrist von zehn Jahren, komplizierte Verwaltungsprozesse über die drei Staatsebenen Gemeinde, Kanton und Bund hinweg, Verfahrensdauern von zwei Jahren und länger sowie eine passive Haltung der Behörden sind die Hauptgründe dafür. Die Grünliberalen sind überzeugt, dass wir als Gesellschaft ein starkes Interesse an der Einbürgerung insbesondere von jungen Ausländer:innen haben, denn damit wird nicht nur das Zugehörigkeitsgefühl zur Schweiz und die direkte Demokratie gestärkt, sondern auch Rechte und Pflichten sind dann geklärt.
Die GLP hat deshalb vor einigen Monaten im Nationalrat eine Parlamentarische Initiative lanciert, die eine Senkung der Wohnsitzfrist für eine ordentliche Einbürgerung von aktuell zehn auf sieben Jahre fordert. Damit würde sich die Schweiz zwar im europäischen Vergleich immer noch in der oberen Hälfte bewegen, verlangen die meisten Länder doch eine Wohnsitzdauer von fünf Jahren bei der Einbürgerung. Aber es wäre ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung. Weitere Voraussetzungen für den Erhalt des roten Passes wie das Beachten der öffentlichen Sicherheit und Ordnung, wirtschaftliche Selbständigkeit, Vertrautheit mit den hiesigen Lebensverhältnissen sowie gute Sprachkenntnisse blieben dabei unangetastet.
Wichtig wäre zudem, dass Gemeinden sich zusammen mit den Kantonen verpflichten, die Dauer der ordentlichen Einbürgerung auf ein halbes Jahr zu begrenzen und die kommunalen Behörden die Einbürgerungswilligen aktiv auf ihrem Weg zum Schweizer Pass unterstützen. Eine Entrümpelung der bürokratischen Abläufe und eine konsequente Digitalisierung würden dies ermöglichen.
Eine moderne Interpretation der Willensnation Schweiz
Wir anerkennen, dass in einem föderalistisch organisierten Land wie der Schweiz auch den Kantonen und Gemeinden eine Rolle im Einbürgerungsverfahren zukommt. Diese sollte aber offen und proaktiv sein. So informiert beispielsweise die Stadt Zürich alle zwei Jahre alle Ausländer:innen, welche die Wohnsitzfrist erfüllen, über die Möglichkeit und Voraussetzungen ein Einbürgerungsgesuch zu stellen. Dieser Approach sollte dahingehend ausgeweitet werden, dass alle ausländischen Jugendlichen an ihrem 16. Geburtstag automatisch eine Einladung zum Einreichen eines Einbürgerungsgesuchs erhalten, sofern sie hier geboren sind oder mindestens fünf Jahre eine Volks- oder Mittelschule in der Schweiz besucht haben. Dafür braucht es keine neuen Gesetze oder Verordnungen – und übrigens auch keine automatische Einbürgerung – es reicht eine realistische und zeitgemässe Interpretation der Willensnation Schweiz für das 21. Jahrhundert: Nämlich, dass wer in der Schweiz geboren ist bzw. den grössten Teil der Schulzeit hier absolviert hat, von der Wohngemeinde ein Angebot erhält, seinen bzw. ihren Willen kundzutun, ob sie oder er Schweizer:in werden will.
Es gibt also einiges zu tun auf dem Weg zur modernen Willensnation Schweiz – packen wirs im gemeinsamen Interesse rasch an!
Isabel Garcia, Kantons- und Gemeinderätin der GLP
Zürich, 28. September 2022, erschienen im Tagblatt der Stadt Zürich